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Fragen zum Thema Videobeweis
18.01.2017Bild: Timo Raiser

Fragen zum Thema Videobeweis

...beantwortet vom DEL2-Schiedsrichterbeauftragten Thomas Frenzel

Zum Saisonbeginn eingeführt, hat sich der Videobeweis in der DEL2 etabliert. Dennoch ergeben sich immer wieder Fragen zu dem neuen Hilfsmittel. Del-2.org hat sich umgehört und Thomas Frenzel gebeten, häufig auftretende Fragen zu beantworten.

Wann darf der Videobeweis zur Entscheidungsfindung hinzugezogen werden?

Die Schiedsrichter sind im Rahmen von Torentscheidungen nach eigenem Ermessen berechtigt, die Videoaufzeichnung der Übertorkameras einzusehen und auf deren Grundlage ihre Entscheidung prüfen zu können. Bei Live-Spielen im TV können zusätzlich die verschiedenen Kameraperspektiven aus der Übertragung genutzt werden.

Zulässige Beweisthemen gemäß Regel 99 sind:

   - Puck über Torlinie

   - Puck im Tor, bevor Torrahmen verschoben

   - Puck im Tor, bevor Drittel beendet

   - Puck wird mit Skate oder Fuß oder absichtlich mit Körperteil ins Tor gelenkt oder geschlagen

   - Puck wird von Schiedsrichter oder Linienrichter ins Tor abgelenkt

   - Puck wird mit „hohem“ Stock ins Tor gelenkt

Weitere Beweisthemen sind:

   - Angreifender Spieler ist vor dem Puck im Torraum und  lenkt Puck ins Tor, während Torhüter ebenfalls im Torraum ist (gemäß Regel 94 XII)

   - Angreifender Spieler ist freiwillig oder unfreiwillig im Torraum. Hierbei folgende Unterthemen: Angreifender Spieler ist freiwillig im Torraum ohne Störfaktor zu sein, Angreifender    Spieler ist freiwillig im Torraum aber Störfaktor, Angreifender Spieler hindert Torhüter, zurück in den Torraum zu gelangen (gemäß Regel 95)

   - Torrahmen aus der Position während Puck ins Tor geht (gemäß Regel 98)

   - Verschieben des Tores (Zugesprochenes Tor) (gemäß Regel 130, Abs. IV)

   - Angreifender Spieler stößt verteidigenden Spieler gegen dessen Torhüter (gemäß Regel 186 III)

   - Torhüter verschiebt Tor während Penalty-Schuss (= Zugesprochenes Tor) (gemäß Regel 213)

Sind die Schiedsrichter angehalten eine Erklärung der Videobeweis-Entscheidung zu geben, so dass auch die Zuschauer im Stadion informiert sind?

Der Schiedsrichter gibt nur seine Entscheidung, Tor oder Nicht-Tor, entsprechend bekannt. Hat der Hauptverantwortliche vor dem Videobeweis auf Tor entschieden und der Puck hatte die Torlinie überschritten, so lässt er durch den Stadionsprecher mitteilen, warum das Tor nicht zählt.

Viele Zuschauer denken derzeit, dass das Hilfsmittel zu häufig verwendet wird. Können Sie diese Behauptung nachvollziehen?

Der Videobeweis hilft dem Referee, seine erste Entscheidung auf dem Eis nochmals zu überprüfen. Zudem erhöht die Zuhilfenahme des Videobeweises die Akzeptanz seiner Entscheidung enorm. Von daher bin ich nicht der Meinung, dass das Hilfsmittel zu häufig verwendet wird. Das Spiel ist inzwischen so schnell geworden, dass es dem Schiedsrichter teilweise unmöglich ist, alle Situationen eindeutig erkennen zu können. Bestehen hier irgendwelche Zweifel, so dient der Videobeweis als sinnvolle Unterstützung.  

Besonders bei der Regel "Man in the crease" gibt es Verständnisprobleme. Können Sie die Regel erläutern und sagen, ob auch hier der Videobeweis angewendet werden kann. Wenn ja, auf welcher Regelung basiert die Anwendung?

Einfache Erklärungen von Regeln sind immer schwierig, ich versuche es aber trotzdem: Grundsätzliche Voraussetzung für „Man in the crease“ ist, dass der Torhüter im Torraum ist. Erzielt ein angreifender Feldspieler mit Position im Torraum ein Tor, während auch der Torhüter in seinem Torraum ist, dann ist ein Tor unter folgenden Voraussetzungen gültig:

  • Der angreifende Feldspieler darf keinen relevanten Kontakt* mit dem Torhüter verursachen.
  • Der angreifende Feldspieler darf keinen relevanten Kontakt* zwischen dem Torhüter und einem verteidigenden Feldspieler herbeiführen (vermittelter Kontakt).
  • Der angreifende Feldspieler darf die Sicht des Torhüters nicht versperren.

Ein relevanter Kontakt liegt vor, wenn der angreifende Feldspieler den Torhüter mit irgendeinem Körperteil oder mit seinem Stock berührt und diese Berührung den Torhüter darin beeinträchtigt, sein Stellungsspiel frei auszuüben oder den Puck abzuwehren. Mit relevant werden also alle Aktionen bezeichnet, die den Torhüter in seinem Stellungsspiel oder bei der Abwehr des Schusses beeinträchtigen würden.

Der Schiedsrichter prüft also nur, ob ein relevanter Kontakt bzw. „vermittelter“ relevanter Kontakt oder eine Beeinträchtigung der Sicht des Torhüters bestanden hat. War das der Fall, ist das Tor nicht gültig.

Unberührt hiervon bleiben Situationen, in welchen der angreifende Feldspieler durch das Zutun eines verteidigenden Feldspielers in den Torraum gelangt. Sie fallen unter die Regel 95 I. Hier gilt als Grundregel auch, dass der Angreifer alles tun muss, um den Kontakt mit dem gegnerischen Torhüter zu verhindern. Wenn er dies nicht tut, so ist das so zu sehen, als ob der Verteidiger nicht existent wäre.

 

Der Regeltext zum Nachlesen ( "Man in the crease") :

Der Regeltext zu "Man in the crease" lautet:

REGEL 95 – TORRAUM IM HINBLICK AUF DAS ERZIELEN VON TOREN

  1. Wird ein angreifender Feldspieler vom verteidigenden Spieler geschoben, gestoßen, gedrängt oder gefoult, wodurch er in den Torraum gelangt, während der Puck ins Tor geht, zählt das Tor, außer, der angreifende Spieler hatte genügend Zeit, den Torraum zu verlassen, bevor der Puck ins Tor gelangte.
  2. Ist der Puck im Torraum frei, und ein angreifender Feldspieler befördert diesen mit seinem Stock ins Tor, ist das Tor gültig.

III. Ist ein angreifender Feldspieler in dem Moment im Torraum, in welchem der Puck die Torlinie überquert, jedoch den Torhüter keineswegs darin stört, den Schuss abzuwehren oder darin beeinträchtigt, sein Stellungsspiel frei ausüben, ist das Tor gültig.

  1. Wird ein Tor erzielt, während der Torhüter sich außerhalb seines Torraums befindet, und ein angreifender Feldspieler den Torhüter daran hindert, zurück in seinen Torraum zu gelangen oder darin beeinträchtigt, sein Stellungsspiel frei ausüben zu können, ist das Tor nicht gültig, und der angreifende Feldspieler erhält eine Kleine Strafe wegen Behinderung.
  2. Der Torraum ist dreidimensional. Sämtliche Torraumregeln gelten daher nicht allein für die blaue Eisebene, sondern auch für den Raum darüber bis zur Höhe der Querstange.

Die Zuhilfenahme des Videobeweises für Situationen „Man in the crease“ geht auf die IIHF-Regeln 95 und 99 zurück, in welchen „man in the crease“ als zulässige Überprüfungssituationen klassifiziert sind.

Die Regel ist in den IIHF Regeln Nr, 185 und 186 beschrieben. Diese lauten:

REGEL 185 – TORHÜTER UND TORRAUM – REGULÄRE TORE

  1. Wenn ein angreifender Feldspieler zu dem Zeitpunkt, da der Puck die Torlinie überquert, im Torraum steht und in keiner Weise den Torhüter daran hindert, eine Abwehr zu machen oder das Tor zu verteidigen, ist das Tor gültig.
  2. Wird ein angreifender Feldspieler vom verteidigenden Feldspieler am Torraum geschoben, gestoßen oder gefoult, und so verursacht, dass er in den Torraum gelangt, als der Puck die Torlinie überquert, ist das Tor gültig, außer der angreifende Feldspieler hatte genügend Zeit, den Torraum zu verlassen.

III. Versuchen ein angreifender Feldspieler und der Torhüter außerhalb seines Torraumes Puckbesitz zu erreichen und es kommt dabei zu einem zufälligen Kontakt mit dem Torhüter, wird keine Strafe verhängt. Wird in dieser Situation ein Tor erzielt, ist das Tor gültig.

  1. Wenn ein angreifender Feldspieler eine Position außerhalb des Torraums aber direkt vor dem Torhüter einnimmt, sodass er ohne ihn zu berühren dessen Sicht blockiert, und ein Tor erzielt wird, ist das Tor gültig (außer es wird gegen Regel 151 III verstoßen).

REGEL 186 – TORHÜTER UND TORRAUM – TOR NICHT GÜLTIG

  1. Verursacht ein angreifender Feldspieler während des laufenden Spiels Kontakt am Torhüter in dessen Torraum, wird gegen ihn eine Kleine Strafe wegen Behinderung ausgesprochen. Wird in dieser Situation ein Tor erzielt, ist das Tor nicht gültig.
  2. Ein angreifender Feldspieler, der während des laufenden Spiel absichtlich einen Kontakt mit dem Torhüter verursacht, erhält eine Kleine Strafe wegen Behinderung. Wenn in dieser Situation ein Tor erzielt wird, ist das Tor nicht gültig.

III. Wenn ein angreifender Feldspieler während des laufenden Spiels einen Gegenspieler auf eine Weise stößt, wodurch ein Kontakt zwischen dem Gegenspieler und seinem eigenen Torhüter entsteht, und in dieser Situation ein Tor erzielt wird, ist das Tor nicht gültig.

  1. Wenn ein angreifender Feldspieler seine Position im Torraum einnimmt und die Sicht des Torhüters versperrt, ohne diesen zu berühren, und ein Tor erzielt wird, ist das Tor nicht gültig.

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